Thomas Hobbes war in den letzten Jahren mein bevorzugter
Philosoph. Genug! Spring is coming, und mir steht der Sinn nach Freundlicherem als
dem zwar kraftvollen, aber düsteren Weltbild voller Gewalt und Angst, das
Hobbes ausbreitet. Gewalt ist bei ihm ja nicht nur das grundlegende Problem
schlechthin – die Anarchie des Naturzustandes ist ein Zustand des Schreckens („nasty,
brutish, and short“) – , sie ist auch zugleich
die Lösung, nämlich in der Einrichtung eines Souveräns, der kraft seiner monopolisierten
Machtfülle, und am Ende bedeutet das ebenfalls Gewalt, das Destruktive des
Menschen unterdrückt und so Gesellschaft ermöglicht. Ich greife jetzt zu David
Hume und beginne mit der Treatise of Human Nature.
Nebenbei vielleicht auch einige
der Essays von Hume, oder – zum vierten oder fünften Mal – eines meiner
Lieblingsphilosophiebücher überhaupt, die Dialogues Concerning Natural Religion
(Dialoge über natürliche Religion, die es übrigens in einer sehr guten
Übersetzung für 5 Euro bei Reclam gibt). Wer Hume noch nicht kennt, ihn aber gleich
von seiner besten Seite erleben möchte – urban, unterhaltsam und verdammt
intelligent –, sollte mit diesem Buch anfangen, in dem Hume den bis heute
populären Versuch (die ganze Kreationistenbewegung in den USA greift darauf zurück), Gott zu beweisen, indem man auf die angeblich offensichtlich
geplante Ordnung des Universums hinweist, einer desaströsen Kritik unterzieht.
Schotte, Weltbürger, Philosoph: David Hume 1711-1776
Quelle: commons wikimedia.org
Dieser Lektürewechsel brachte mich zur Überlegung, ob es in
der Philosophie nicht einfach nur um Argumente geht. Wie kann jenseits rationaler Erwägungen der persönliche Stil wichtig sein? Sind Philosophen, horribile dictu,
am Ende etwa nur Schriftsteller?
Es gibt offensichtlich Philosophie, in der es wirklich
nur um Argumente und Beweise geht. Und in der Tat, ohne eine rational nachvollziehbare
Argumentation über irgendeine grundlegende Frage, kann es auch keine
Philosophie sein, schon mal ein grundlegender Unterschied zur Belletristik. Früher
(damals, als ich noch jung war…) war ich auch knallhart auf Rationalität fixiert.
Inzwischen bin ich da etwas entspannter. Diese rein argumentationsorientierte Philosophie
kann ziemlich steril werden. Ich glaube auch nicht mehr daran, dass ich persönlich
so etwas wie Wahrheit erfassen werde. Egal, worum es geht, es gibt immer einfach
zu viele plausible entgegengesetzte Argumente und Erwägungen, die außerdem auch
noch von viel klügeren Leuten, als ich es bin, vertreten werden. Am Ende,
ehrlich gesagt, habe ich schlichtweg keine Ahnung. Das bringt einen ganz
natürlich zu einer Haltung der Skepsis, vielleicht auch ein Grund, weshalb ich
ausgerechnet auf Hume zurückkomme, der genau diese Ambivalenz zwischen scharfem
Nachdenken und Bewusstsein für pure Rätselhaftigkeit sehr sympathisch verkörpert.
Ich bin ganz sicher nicht bereit, das kritische Denken über Bord zu werfen und mich
einfach der blinden Irrationalität zu überlassen, z.B. indem ich die angebliche
Existenz Gottes ohne jeden vernünftigen Grund einfach mal glaube. Erst recht
gilt das für politische und gesellschaftliche Fragen. Kein Gehör den Leuten,
die immer alles ganz genau wissen! Einschub: Es ist ja nicht nur so, dass ich keine Ahnung habe, ich habe auch allergrößte Zweifel, ob die meisten anderen so viel mehr wissen. Aber egal welchen philosophischen Ansatz
ich gerade für richtig halte, es erscheint mir immer ziemlich wahrscheinlich,
dass die Wahrheit woanders liegt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen