30. Juni 2016

Heinrich-Heine-Str., auf dem Weg nach Kreuzberg

Vorgestern Abend Heinrich-Heine-Str. Ich komme von der Arbeit und bin mit ca. 35 km/h auf meinem Stadtrennrad Richtung Kreuzberg unterwegs. Überhole alles vor mir. Rote Ampel, ich halte (na klar). Neben mir fährt ein Audi Cabrio vor und stoppt ebenfalls. Zwei junge Türken, so Mitte 20. Ob ich oder sie schneller wären? Ich behaupte, ich beim Anfahren, danach aber sie; sie glauben, es wäre genau umgekehrt. Ok, ich bin 54 Jahre, gehe also keinem Wettkampf aus dem Weg, in dem ich meine ewige Jugend beweisen kann. Ampel schaltet auf Gelb, ich springe hoch und starte, touchiere aber von unten kommend mit der Radhose die Nase des Sattels. Der Hosenbund verfängt sich und wird mir quasi runtergezogen. Von schräg hinten höre ich ein doppeltes Aufschreien. Nach einer gefühlten Ewigkeit von ca. 2 Sekunden gelingt es mir, mich zu befreien, die Hose hochzuziehen, ins Pedal einzuklicken und endlich zu starten. Der Audi hat freundlicherweise darauf gewartet. Und ja, ich fahre auf den ersten 20 Metern einen kleinen Vorsprung heraus, bevor der Wagen an mir vorbeizieht. Zwei nette junge Männer halten den Daumen zur Anerkennung hoch.

27. Juni 2016

Wer sich nicht anpasst, muss gehen; in diesem Falle die Sachsen

Sie nehmen unsere Milliarden, aber sie halten sich nicht an unsere Regeln. Sie bilden Parallelgesellschaften und wollen sich nicht integrieren. Ein beträchtlicher Teil ist offen verfassungsfeindlich, ein noch größerer Teil duldet dies, oft mit Sympathie und klammheimlichem Einverständnis. Es kommt zu Gesetzesverstößen und Gewalttaten, schlimmer, es bilden sich erste terroristische Strukturen. Die Bundesanwaltschaft ermittelt.

Muslime in Deutschland? Nein, es geht um die Sachsen. Der Bundespräsident ist am Wochenende – nicht zum ersten Mal – bei einem Besuch in einer sächsischen Kleinstadt wüst beschimpft worden. Das reiht sich ein in so viele andere Vorfälle, die es in diesem Bundesland in den letzten Jahren gegeben hat, manche davon sehr viel schlimmer. Es ergibt sich einfach ein Bild. Und da liegt es nahe die Frage aufzuwerfen, ob und inwieweit die Integration der Bürger der DDR in die Bundesrepublik überhaupt geklappt hat.

Zwei einfache Fakten. 1) Die DDR ist der Bundesrepublik beigetreten (und die Bürger der BRD wurden nicht gefragt). 2) Das Geld der Bundesrepublik hat diesen abgewirtschafteten Teil Deutschlands wieder aufgebaut.

26. Juni 2016

Die Selbstinfantilisierung der Bürger

Der Katzenjammer in Großbritannien über den Ausgang des Referendums wird immer größer. Inzwischen haben über 3 Millionen die Onlinepetition über eine Wiederholung unterzeichnet. Leserzuschriften und Tweets häufen sich, in denen sich Brexit-Befürworter beklagen, sie seien falsch informiert worden. Bei den Tories findet sich plötzlich niemand, der bereit wäre, das Ergebnis umzusetzen und gegenüber der EU den Austritt zu erklären. Ausgerechnet Boris Johnson sieht Großbritannien plötzlich im Herzen Europas.

Jetzt muss ich Dampf ablassen: Das ist wirklich jämmerlich. Ausgerechnet viele Briten haben offenbar Demokratie nicht verstanden. Ja, Abstimmungen haben tatsächlich Konsequenzen, deshalb werden sie durchgeführt. Und wer sich an die Spitze einer Kampagne setzt und dann Erfolg hat, muss anschließend auch Verantwortung übernehmen. Irgendwie bekomme ich den Eindruck, dass sehr viele Briten geglaubt haben, sie könnten mal kräftig auf die Kacke hauen, aber die da oben würden schon dafür sorgen, dass anschließend nichts Schlimmes passiert. Und Boris Johnson scheint überhaupt keinen Plan für den Tag danach zu haben. Dass er jetzt womöglich die reale Verantwortung für den formalen Austritt übernehmen soll, hat ihn offenbar völlig auf dem falschen Fuß erwischt. Welch ein Gegensatz zu Nicola Sturgeon, die bereits am Tag 1 nach Referendum echte Führungsqualitäten zeigte.  

25. Juni 2016

Ist Merkel schuld am Brexit?

So jedenfalls die These von Hans-Olaf Henkel, der auf Twitter gestern Merkels „Willkommenspolitik“ für den britischen EU-Austritt direkt verantwortlich gemacht hat. Und es stimmt, die Ablehnung von Einwanderung bzw. überhaupt des Fremden war das beherrschende Motiv der Leave-Kampagne. Hätte man in den letzten Jahren eine konsequente Begrenzung des Flüchtlingszustroms nach Europa – vulgo: die Flüchtlinge ausgesperrt und sich selbst überlassen – durchgeführt, so die Logik der Argumentation, wäre es zum Brexit nicht gekommen.

Ein Blick auf die Fakten: Nach Großbritannien sind im letzten Jahr 630.000 Menschen zu- und 300.000 Menschen abgewandert. Neben der Migration von Briten, die im jetzigen Kontext irrelevant ist, halten sich EU- und Nicht-EU-Bürger sowohl bei Zu- wie bei Abwanderung etwa die Wage, d.h. die Zuwanderung von Nicht-Briten nach Großbritannien besteht zu 50% aus EU-Bürgern, und zwar besonders stark aus osteuropäischen EU-Mitgliedern, insbesondere Polen. Nur 4% der Migranten nach Großbritannien sind Asylbewerber, die Zuwanderung aus Ländern wie Eritrea oder Syrien bewegt sich gerade mal im niedrigen vierstelligen Bereich. Tatsächlich richtet sich der Volkszorn in Großbritannien bzw. England in hohem Maße genau gegen diese EU-Einwanderer aus Osteuropa, die bereits seit vielen Jahren kommen, um dort im Niedriglohnbereich (Bau, Gaststätten usw.) zu arbeiten.

24. Juni 2016

18. Juni 2016

Flughafenstraße, Berlin-Neukölln

Ein Abend in Neukölln, Flughafenstraße, meine Liebste und ich sitzen auf einer Bank vor dem Restaurant Lava, essen ganz ausgezeichnete „italienische Tapas“ und lassen das recht bunte Treiben auf Straße und Bürgersteig auf uns wirken. Vor uns steht eine Flasche Rosé, schräg gegenüber liegt eine Moschee. Davor steht eine Bundesflagge. Rechts muss irgendwo ein türkischer Bäcker sein, denn gefühlt alle 60 Sekunden kommt jemand mit einem frischen Fladenbrot für das Abendessen vorbei. Starker Verkehr in beide Richtungen. Die größten Autos werden von Türken gefahren. Vom alten Flughafen her, der vielen als Trainingsgelände dient, rasen Leute auf ihren, teilweise sehr teuren Rennrädern mit 40 km/h den Berg runter. Das sind wieder Deutsche. Eine junge Frau mit Kopftuch  steuert ihren Mercedes schwungvoll in eine Einfahrt und zückt ihr Smartphone. Fünf Minuten später parkt sie genauso gekonnt wieder aus und braust davon. Ein vorbeigehender Deutscher mustert uns verächtlich und spuckt vernehmlich aus. Ich vermute, er hat uns an der Weinflasche im Kühler zutreffend als Protagonisten der Gentrifizierung erkannt. Das am Nebentisch sitzende junge Paar bricht auf und wünscht uns noch einen schönen Abend. Eine Frau, die aussieht als ernähre sie sich vorwiegend von Crystal Meth versucht uns anzubetteln. Zwischendrin türkische Väter, die mit ihren kleinen Kindern an der Hand die Straße rauf- oder runterlaufen.

Volle Kanne Leben. Hier ist Berlin vital und authentisch, man hat alles vom Junkie bis zum 3000,- Euro Rennrad, türkische Familien, die seit vielen Jahren in diesem Kiez wohnen und neue Restaurants für ein junges, internationales Publikum. Manche würden nörgeln, dass sie sich nicht mehr wie in Deutschland fühlen (siehe die „Mitte-Studie“). Gerade diese Mischung aber macht diese Gegend für viele Menschen so attraktiv. Wer lieber Ruhe und gepflegte Vorgärten hat, sollte sich woanders umsehen, wer aber die Großstadt liebt, ist hier genau richtig.

An einer Hauswand in Neukölln

15. Juni 2016

Brexit und Weimar

Der Brexit gewinnt an Fahrt. Mehrere Umfragen sehen einen Sieg der Befürworter voraus. Wenn es so kommt, würde zum ersten Mal ein Land aus der EU austreten. Mit diesem Beispiel vor Augen und der Wiederkehr des nationalistischen Denkens im politischen Mainstream würde es vermutlich nicht das letzte sein.

14. Juni 2016

IS, Trump und die Erosion liberaler Politik

Noch sind Erkenntnislage und Folgen des Anschlages von Orlando sehr im Fluss. Drei erste Bemerkungen sind aber möglich.

1) Anschlag des IS: Es ist egal, ob der Attentäter, Mateen, von der IS-Zentrale im Einzelnen gesteuert wurde oder nicht, es handelt sich auf jeden Fall um einen Anschlag des IS.

12. Juni 2016

Der Philosoph der AfD

Auf Zeit Online findet sich ein lesenswertes Interview mit Marc Jongen (http://www.zeit. de/2016/23/marc-jongen-afd-karlsruhe-philosophie-asylpolitik). Jongen, der früher Assistent von Sloterdijk war, ist von Beruf Philosophiedozent in Karlsruhe, daneben stellvertretender Vorsitzender der AfD in Baden-Württemberg und Mitglied der AfD-Programmkommission. Er gilt als der AfD-Parteiphilosoph, die intellektuelle Stimme der Protestpartei. Worum es Jongen in diesem Interview geht, ist die Bewahrung des „Eigenen“ gegenüber dem Fremden, insbesondere dem Fremden in Gestalt des Islamischen. Jongen hält es für unmöglich, dass sich die zahlreichen Flüchtlinge wirklich integrieren lassen. In der Konsequenz würde das dazu führen, dass andere Anschauungen, andere Sitten und sogar andere Sprachen in dieses Land einziehen. Deutschland habe sich, als es so viele Flüchtlinge hereingelassen hat, zumindest teilweise selbst aufgegeben und begonnen, eine „linksradikale“ Politik umzusetzen. Die AfD bzw. die weiteren Gruppierungen am rechten Rand treten an, das unserem Land "eigene" zu bewahren. 

7. Juni 2016

Das verlogene Jammern nach extremen Wettereignissen

Schwere Gewitter, Sturzregen, Schlammlawinen, weggeschwemmte Bäume, Autos und Häuser, Tote. Danach allgemeines Wehklagen. Unverschuldet vor dem Nichts, die Gewalt der Natur, blablabla. Selbst schuld, würde ich sagen. Solche Unwetter wird’s jetzt häufiger geben. Die tiefer liegenden Ursachen sind Klimawandel im Allgemeinen und Bodenerosion durch industrielle Landwirtschaft im Besonderen. Mit anderen Worten: schuld ist der Mensch.

4. Juni 2016

Zeit für klare Frontziehung: Das Kyffhäuser-Treffen der AfD

Der rechte Flügel der AfD trifft sich dieses Wochenende zu seinem zweiten „Kyffhäuser Treffen“. Etwa 450 Leute werden dabei sein, es wären mehr geworden, wenn die Räumlichkeiten nicht begrenzt wären, die Anmeldung musste bereits im Vorfeld geschlossen werden. Björn Höcke ist der wichtigste Sprecher, die anderen Vertreter des rechten Parteiflügels wie Poggenburg, Tillschneider und – inzwischen auch – Gauland kommen ebenfalls.

3. Juni 2016

Kulturkampf in Deutschland

Die Diskussionen in Deutschland, anderen europäischen Ländern, aber auch den USA um Rechtspopulismus, Migration, politische Korrektheit usw. haben, neben den vielen konkreten Fragen, um die es geht, auch ein tieferes Thema, nämlich: wie verstehen wir uns und unsere Gesellschaft? Hier gibt es, stark vereinfachend, zwei große Lager. Auf der einen Seite steht, was man als Linksliberalismus bezeichnen kann. Für diese Gruppe spielen Dinge wie Herkunft oder Nationalität keine besondere Rolle mehr, ob jemand oder etwas deutsch oder nicht-deutsch, amerikanisch oder nicht-amerikanisch ist, ist uninteressant und weder eine Auszeichnung noch ein Nachteil. Es sind alles Menschen mit je eigenen positiven und negativen Eigenschaften.

1. Juni 2016

Kampf um Fallujah

Von der deutschen Öffentlichkeit vergleichsweise wenig zur Kenntnis genommen wird der Krieg gegen den IS. Im Irak geht es seit einer Woche um die Eroberung der Stadt Fallujah, die durch einen Ring irakischer Streitkräfte unterschiedlicher Couleur von der Außenwelt abgeschnitten ist. Die Stadt hat neben der rein militärischen, auch eine große symbolische Bedeutung. Fallujah liegt im Herzen des sunnitischen Dreiecks, war 2004 während des Aufstandes gegen die US-Besatzung unter starker Beteiligung der Vorläuferorganisation des IS besonders hart umkämpft und ist bereits seit Anfang 2014, also noch weit vor dem spektakulären Siegeszug im Juni 2014, unter alleiniger Kontrolle des IS. Wenn der IS Fallujah verliert, was irgendwann passieren wird, dürfte das Projekt des Kalifats auch in der Wahrnehmung der Jihadisten schweren Schaden nehmen.

Trump bleibt wie er ist

Die New York Times befasst sich heute in mehreren Artikeln mit Donald Trump, die Zusammenfassung lässt sich dann auf Spiegel Online lesen, der sich schamlos bedient. Jedenfalls ist klar, dass meine Prognose, dass Trump nunmehr auf einen etwas präsidialeren Stil umstellen würde, nicht zutrifft. Trump kann offenbar nicht anders, als ständig herauszustellen, wie großartig er ist, jeden massiv unsachlich anzugreifen, die/der sich ihm nicht unterwirft, und zur Not seine Anwälte loszuschicken. Im Falle eines Präsidenten Trump wäre es dann das FBI.