Auf Zeit Online findet sich ein lesenswertes Interview mit
Marc Jongen (http://www.zeit. de/2016/23/marc-jongen-afd-karlsruhe-philosophie-asylpolitik). Jongen, der früher Assistent von Sloterdijk war, ist von Beruf Philosophiedozent in Karlsruhe, daneben stellvertretender Vorsitzender der AfD in Baden-Württemberg
und Mitglied der AfD-Programmkommission. Er gilt als der
AfD-Parteiphilosoph, die intellektuelle Stimme der Protestpartei. Worum es Jongen in diesem Interview geht,
ist die Bewahrung des „Eigenen“ gegenüber dem Fremden, insbesondere dem Fremden
in Gestalt des Islamischen. Jongen hält es für unmöglich, dass sich die
zahlreichen Flüchtlinge wirklich integrieren lassen. In der Konsequenz würde
das dazu führen, dass andere Anschauungen, andere Sitten und sogar andere
Sprachen in dieses Land einziehen. Deutschland habe sich, als es so viele
Flüchtlinge hereingelassen hat, zumindest teilweise selbst aufgegeben und
begonnen, eine „linksradikale“ Politik umzusetzen. Die AfD bzw. die weiteren Gruppierungen am rechten Rand treten an, das unserem Land "eigene" zu bewahren.
Marc Jongen (Quelle Wikimedia Commons) |
Den Unterschied zwischen Jongen und den Liberalen könnte man
auch so formulieren, dass die Liberalen einen extrem schwachen Begriff des Eigenen
haben und Jongen einen sehr starken. Für die liberale Seite besteht das Eigene
in einem Leben-und-leben-Lassen, in einem Rahmen, der die Schwachen gegenüber
den Starken schützt, wenn sie diesen Schutz brauchen, ansonsten aber jedem die
Möglichkeit gibt, sein Glück in der ihm gemäßen Weise zu suchen. Schön und
wahrscheinlich sogar unerlässlich wäre es außerdem, wenn dieses nicht nur
abstrakte Rechtsnorm, sondern gelebte Kultur wäre. Damit hat es sich dann
schon. Demgemäß einfach ist es, neue Gesellschaftsmitglieder aufzunehmen. Es reicht, wenn sie die Gesetze beachten. Das
Eigene, von dem Jongen spricht, dürfte dagegen sehr viel weiter gehen und vor
allem bestimmte Traditionen und Lebensweisen umfassen, die als Teil unserer (kulturellen,
ethnischen) Identität wahrgenommen werden. Deshalb ist es für ihn ja so
problematisch, Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren, denn die können sozusagen nicht innerhalb eines Jahres umgeschult werden. Es bleibt trotzdem unklar, wovon im Einzelnen die Rede ist. Wenn man AfD-Vertretern zuhört, hat man allerdings den Eindruck, dass zum Eigenen u.a. eine helle Hautfarbe gehört und dass alles Islamische definitiv nicht dazu gehören kann, solange die Vertreter
der Neuen Rechten aber nur in Andeutungen sprechen, ist man hier eben auf Vermutungen
angewiesen. Das Eigene nur negativ zu bestimmen, reicht jedenfalls nicht, denn der
Begriff braucht rein logisch den Bezugspunkt einen positiven Gehaltes, um das Fremde überhaupt bestimmen zu können. In dieser zentralen Frage ist die Neue Rechte intellektuell nach meinem Eindruck noch ziemlich schwach. Möglicherweise
müssen sie das selbst noch klären, möglicherweise wollen sie es auch nicht in
die Öffentlichkeit tragen. Es bleibt spannend.
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