25. August 2016

Sicherheitsdebatten in Deutschland



Dass die letzte Anschlagsserie des IS in Europa nunmehr wieder einige Wochen her ist, sollte uns nicht beruhigen. Der IS verfügt über etwa 7.000 europäische Kämpfer, noch mehr Sympathisanten, nimmt weiter jeden Monat viele Millionen ein und ist bisher nicht dadurch aufgefallen, dass er irgendwelche Grenzen bei der Ausübung von Gewalt kennen würde. Es wird zu weiteren Anschlägen kommen, darunter vermutlich auch zu solchen mit vielen Opfern

Grund genug, dass wir uns wappnen. Und hier beginnen m.E. die Probleme. Unser Innenminister ist in der letzten Woche mit zwei Vorschlägen hervorgetreten, nämlich der Gesichtserkennung auf Bahnhöfen und Flughäfen sowie dem vagen Wunsch, irgendwie auf verschlüsselte Kommunikation von Terroristen zugreifen zu können. Was ist davon zu halten?

Gesichtserkennung setzt voraus, dass Videoaufnahmen mit Datenbanken abgeglichen werden. Entscheidend ist mithin nicht die Videokamera im Bahnhof, sondern die Frage, zu welchem Zeitpunkt mit welchem Datensatz die Aufnahmen verglichen werden sollen.

21. August 2016

Warum bekämpfen wir den IS?

Warum kämpfen wir gegen den Islamischen Staat (IS)? Es ist leicht zu verstehen, warum der IS gegen uns kämpft. Er tut das deshalb, weil ihn die USA und andere Länder seit August 2014 bombardieren, erst im Irak, seit September 2014 in Syrien und inzwischen auch in Afghanistan und Libyen. Der IS hat allen Grund, gegen uns Krieg zu führen, denn wir führen systematisch Krieg gegen ihn. Es ist nicht nur natürlich, sich zu wehren, es ist zudem auch die einzig vernünftige Strategie, denn solange wir keinen eigenen Blutzoll zahlen müssen, werden wir unser Handeln auch nicht ändern. Also versucht der IS auf dem Wege einer Abnutzungsstrategie die Kosten für uns möglichst hochzutreiben, damit wir ihn irgendwann in Ruhe lassen. Das Wesen einer Abnutzungsstrategie ist, dass sie auf Dauer angelegt ist, so schnell wird der IS also nicht damit aufhören, Anschläge gegen westliche Ziele zu begehen.

Aber warum bekämpfen wir den IS? Die Angriffe auf den IS haben begonnen, als dieser im Zuge seines Blitzkrieges im Sommer 2014 Gräueltaten gegen die jesidische Minderheit im Irak verübte. Es stand tatsächlich zu befürchten, dass der IS alle Männer dieser Volksgruppe töten und alle Frauen versklaven würde. Wer konnte, floh damals ins Gebirge, der IS rückte aber weiter vor und hatte, nachdem sich die irakische Armee als Luftnummer erwiesen hatte, niemanden, der sich ihm noch in den Weg stellen konnte. An diesem Punkt haben die USA schließlich eingegriffen, und seitdem ist eben Krieg.

Gräueltaten verüben auch andere, z.B. das Assad-Regime und die Russen. Bei dem Giftgasangriff auf Ghouta vor genau 3 Jahren sind allein 1.500 Menschen umgekommen. Russland hat durch seine Bombardements im Dienste Assads inzwischen viel mehr Menschen getötet als der IS. Der syrische Bürgerkrieg insgesamt hat bald 500.000 Todesopfer gefordert. All das stört uns nicht besonders, hier tun wir nichts.

Aus realpolitischer Sicht gibt es eigentlich keinen Grund, den IS zu bekämpfen. Man kann diesen Konflikt nur historisch erklären. Wir bomben den IS, der IS begeht Anschläge, wir bomben erst recht usw. Jetzt, wo wir in diesem Krieg sind, kommen wir auch nicht mehr raus.

Unsere Interessen gebieten vielmehr, dass wir mit der Bekämpfung des IS aufhören. Soll er doch sein totalitäres Kalifat aufbauen und Schiiten zu Tausenden massakrieren, was interessiert das die Menschen in Berlin, Paris oder New York.

Bleiben natürlich humanitäre Gründe. Die verlangen allerdings, dass man etwas gegen völlig enthemmte Massenmörder tut. Sie verlangen dann allerdings auch, dass man Fassbomben, Giftgas und Luftangriffe auf Krankenhäuser nicht länger akzeptiert. So gesehen ist die ganze Fragestellung eigentlich schief. Die wahre Frage ist nicht: „Warum bekämpfen wir den IS?“, sondern, „Warum tun wir rein gar nichts gegen die viel schlimmeren Massenmörder Syrien und Russland?“. 

19. August 2016

Trump kackt ab



Trump führt seinen Wahlkampf vor allem mit Blick auf eine einzige Gruppe, weiße Männer, insbesondere solche, die keinen College-Abschluss haben. Wenn er gewinnen will, muss er diese Gruppe besonders stark mobilisieren. Nun zeigt sich, dass sich Trump in den letzten Wochen doch ein wenig zu viel geleistet hat. Gerade sein beschämender Umgang mit den Eltern des im Irak getöteten Soldaten hat für viele Wähler eine Grenze überschritten. Ergebnis: seine Unterstützung bröckelt. Trumps Werte bei weißen Männern liegen inzwischen unter denen von Mitt Romney vor vier Jahren, und der hat die Wahl verloren

Auf andere demographische Gruppen braucht er eh nicht mehr zu setzen. Bei Latinos würden 20% für Trump stimmen, seine Unterstützung bei Schwarzen liegt bei sagenhaften 1%, teilweise wurde bereits 0% gemessen

Stand heute sieht es also so aus, dass Trump die Wahl verlieren wird, und zwar deutlich. Clinton weiß das und spielt klug. Es reicht völlig aus, wenn sie mediale Präsenz zeigt, gelegentlich die richtigen Geräusche von sich gibt und Trump den Rest überlässt. Neben ihm wirkt schließlich nahezu jeder präsidial

Ein Punkt macht mir allerdings Sorge. Trump scheint begriffen zu haben, dass es so nicht weiter gehen kann. Er hat ein neues Wahlkampfteam, er setzt plötzlich auf andere Töne, wirkt sachlicher, und hat sich jetzt sogar für seine teils verletzende Wortwahl entschuldigt. Kann sein, dass das alles zu spät kommt, die Eindrücke sitzen tief. Und wieviel Selbstkontrolle er am Ende hat, bleibt abzuwarten, z.B. in direkten Fernsehdebatten mit Clinton, die alles tun wird, seinen zivilisatorischen Firnis zu durchbrechen. Trotzdem, er ist am Umsteuern, bis zur Wahl sind es noch 3 Monate und Clinton ist eigentlich eine sehr angreifbare Kandidatin. Die Sache ist immer noch nicht gelaufen.

14. August 2016

Fitnessarmbänder, Liberalismus und Sozialdemokratie

Habe mir kürzlich ein Fitness-Armband gekauft (Fitbit Charge HR). Die Dinger sind offenbar nicht unumstritten. Wenn wir mal das Unbehagen abziehen, das manche Leute generell gegenüber Selbstvermessung und -kontrolle zu verspüren scheinen, scheint es mir im Wesentlichen zwei Gründe zu geben, den Gebrauch eines solchen Armbandes kritisch zu sehen.

Erstens Datenschutz. Ist in der Tat problematisch, weil die Daten in eine Cloud hochgeladen werden, und eine echte Kontrolle darüber im Grunde unmöglich ist. Das ist vor allem dann unschön, wenn die Daten plötzlich irgendwie gegen einen selbst verwendet werden, z.B. durch Krankenkassen. Inwieweit das möglich ist oder sogar schon passiert, bin ich überfragt. Ohne Einwilligung des Betroffenen würde es aber gegen die informationelle Selbstbestimmung verstoßen, was nicht hinnehmbar ist.

Zweitens Solidarität. Manche Leute leben gesund, andere nicht. Krankenkassen könnten die einen belohnen und die anderen … nun, jedenfalls nicht belohnen. Fitnessarmbänder sind ein einfacher Weg, einen gesunden Lebenstil überprüfbar zu machen. Im Ergebnis würden nicht mehr alle dasselbe zahlen, sondern Tarife würden mit Rücksicht auf das Verhalten des einzelnen gestaltet, die Gesund-Lebenden würden also nicht mehr für die Raucher oder Bewegungsmuffel mitzahlen.

Hiermit habe ich weniger Schwierigkeiten, jedenfalls solange es um den Bereich geht, über den jeder selbst verfügen kann. Niemand wird gezwungen, ungesund zu leben, es ist eine individuelle Lebenstilentscheidung.

12. August 2016

Trump - eine Woche weiter



Schon wieder Trump, ich weiss, aber ich kann nicht anders, der Typ bietet einfach jeden Tag etwas Neues. Vor einigen Monaten bin ich in einem Post auf die Umfragewerte von Trump und Clinton eingegangen und habe Trump eine gute Chance auf den Sieg zugesprochen, sobald er nach den Vorwahlen ein wenig präsidialer auftreten würde. Genau das habe ich auch erwartet. Womit ich nicht gerechnet habe ist Trump selbst. Trump gestaltet seinen Wahlkampf als personality show, und es zeigt sich, der Kerl ist schlichtweg widerlich

Vor einigen Tagen stellte er in den Raum, dass Waffenbesitzer etwas gegen Clinton unternehmen könnten, nun ist „Barack Hussein Obama“ der Gründer des IS. Als ein Moderator Trump soufflierte, er meine bestimmt, dass Obamas Politik den Aufstieg des IS begünstigt habe, hat sich Trump klar gegen diese Interpretation verwahrt, nein Obama sei ganz wörtlich der Gründer und nichts anderes.

Trumps Wahlkampf besteht aus Hass und kaum verhüllter Affinität zu Gewalt. Wirklich schockierend ist, dass so ein Mann zum Kandidaten gewählt wurde und nach wie vor um die 40% Unterstützung genießt. Es ist nicht nur ein einzelner Irrer, hinter ihm steht ein wirklich großer Teil der Bevölkerung, sonst wäre er ja gar nicht so weit gekommen. Ich glaube, dass er verlieren wird, das spricht jetzt für die USA, aber wenn er ein wenig klüger gewesen wäre, so wie etwa Hitler gegen Ende der Weimarer Zeit, dann wären diese Kräfte und ihr Kandidat auf ganz demokratischem Wege an die Macht gelangt. Und das kann einem Angst machen.

10. August 2016

Flüchtlinge und Terrorismus

Der Islamische Staat verfügt bekanntlich über eine hohe Zahl an ausländischen Kämpfern, darunter etwa 7.000 Europäer. Aus terroristischer Sicht ein großartiges Personenreservoir, Leute, die einen europäischen Pass haben, in Europa aufgewachsen sind, die Bedingungen dort kennen und die fließend Deutsch, Französisch usw. sprechen. Leider ist zu erwarten, dass aus dieser Personengruppe noch schwere Anschläge erfolgen werden.

Gleichwohl setzt der IS aber auch auf eine weitere Gruppe, nämlich Flüchtlinge. Der Einfachheit halber zähle ich dazu sowohl genuine Flüchtlinge, die sich nachträglich radikalisiert haben, wie auch Personen, die gezielt als Flüchtlinge nach Europa geschleust wurden, um hier Anschläge zu begehen. Bis vor wenigen Monaten gab es für diese Praxis keinerlei Hinweise, inzwischen ist leider das Gegenteil klar.

Entsprechend fallen die Kommentare derer aus, die es schon immer gewusst haben. Auf Twitter gibt es einen eigenen Hashtag, der für sämtliche einschlägigen Ereignisse der letzten Wochen eine klare Schuldige ausgemacht hat, die Bundeskanzlerin. Auch AfD-Vertreter, wie Fr. v. Storch, schreiben Frau Merkel die direkte Verantwortung für Würzburg und die anderen Anschläge zu und nutzen jedes auch noch so dürftige Beispiel, um ihre These zu untermauern.

5. August 2016

Das Ende des Donald Trump



Es war eine schreckliche Woche für Donald Trump. Sein zutiefst schäbiger Umgang mit den Eltern des im Irak gefallenen Soldaten, die völlige Ahnungslosigkeit darüber, dass Russland längst Truppen in der Ukraine hat, die diversen Probleme mit dem Lebenslauf seiner Frau, die gehässigen Auseinandersetzungen mit republikanischen Spitzenpolitikern, die fallenden Umfragewerte usw. Clinton führt – letzter Stand – im direkten Vergleich im Moment mit etwa 10%. Leider gibt es aber noch einen Kandidaten für die Libertäre Partei und eine durchgeknallte Grüne, die ebenfalls antreten. Das tut Clinton nicht gut, ihr Vorsprung schmilzt dann etwas auf so 5%. Trotzdem, im Moment sieht es so aus, als zerlege sich Trump mit großer Konsequenz einfach selbst. Dem Himmel sei Dank.

Denn Trump ist kein normaler Kandidat. Er aktiviert Kräfte, die ich nur noch als faschistisch bezeichnen kann (siehe dieses instruktive Video von der NYT http://www.nytimes.com/video/us/politics/100000004533191/unfiltered-voices-from-donald-trumps-crowds.html). Und seine Anhänger finden nicht, dass er irgendwas falsch macht. Im Gegenteil, da wird einfach behauptet, dass die Khans, also die Eltern des toten Soldaten, die natürlich außerdem US-Bürger sind, muslimische Extremisten wären und aus den USA sofort entfernt werden sollten. Man hätte Trump Unrecht getan, nicht er den Khans. Wer so redet, hat die Brücken zum politischen Diskurs abgebrochen, da geht es nicht mehr um Vernunft und Argumente, sondern nur noch um Hass und Gewalt. Aus diesem Holz ist auch Trump selbst gemacht, plus natürlich seine Egomanie, also beste Voraussetzungen für eine Führer-Figur. 

Dass die Trump tragenden Kräfte so stark sind, ist das, was einem eigentlich Angst machen kann. Es sind immerhin 30, 40%, je nach Umfrage und Kandidatenwoche. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit werden, wenn es passiert, nicht von oben abgeschafft, sondern von unten, von der Bevölkerung selbst. Ganz leicht, ganz schnell, es braucht nur eine Wahl.