Habe mir kürzlich ein Fitness-Armband gekauft (Fitbit Charge
HR). Die Dinger sind offenbar nicht unumstritten. Wenn wir mal das Unbehagen
abziehen, das manche Leute generell gegenüber Selbstvermessung und
-kontrolle zu verspüren scheinen, scheint es mir im Wesentlichen zwei Gründe zu geben, den
Gebrauch eines solchen Armbandes kritisch zu sehen.
Erstens Datenschutz. Ist in der Tat problematisch, weil die
Daten in eine Cloud hochgeladen werden, und eine echte Kontrolle darüber im
Grunde unmöglich ist. Das ist vor allem dann unschön, wenn die Daten plötzlich
irgendwie gegen einen selbst verwendet werden, z.B. durch Krankenkassen. Inwieweit
das möglich ist oder sogar schon passiert, bin ich überfragt. Ohne Einwilligung
des Betroffenen würde es aber gegen die informationelle Selbstbestimmung verstoßen, was nicht hinnehmbar
ist.
Zweitens Solidarität. Manche Leute leben gesund, andere
nicht. Krankenkassen könnten die einen belohnen und die anderen … nun, jedenfalls nicht belohnen. Fitnessarmbänder sind ein einfacher Weg, einen
gesunden Lebenstil überprüfbar zu machen. Im Ergebnis würden nicht mehr alle
dasselbe zahlen, sondern Tarife würden mit Rücksicht auf das Verhalten des
einzelnen gestaltet, die Gesund-Lebenden würden also nicht mehr für die Raucher oder Bewegungsmuffel mitzahlen.
Hiermit habe ich weniger Schwierigkeiten, jedenfalls solange
es um den Bereich geht, über den jeder selbst verfügen kann. Niemand wird gezwungen,
ungesund zu leben, es ist eine individuelle Lebenstilentscheidung.
Warum sollten andere nun
umgekehrt gezwungen werden, für die Kosten dieser Entscheidung mit aufzukommen?
Solidarität scheint hier nur in eine Richtung zu gehen, und zwar in die falsche. Mein Gefühl ist, die
Gemeinschaft gibt allen, so weit möglich, die gleichen Startchancen (Bildung,
Ausbildung), sichert einen vor den schlimmsten Lebensrisiken ab (Arbeitslosigkeit, Krankheit usw.) und hilft einem
auch wieder hoch, wenn man mal auf die Schnauze fällt, also z.B. durch
Umschulung in ein anderes Berufsfeld. Ansonsten ist jeder erst mal für sich
selbst verantwortlich. Und wer dann absehbar blöde Entscheidungen trifft, muss
halt mit den Konsequenzen leben, jedenfalls können dann nicht andere verdonnert
werden, diese Blödheit mit aufzufangen.
So ein Fitnessarmband bringt einen also ruckzuck zur Frage,
wie wir unsere Gesellschaft organisieren wollen. Die Position, die ich
vertrete, würde ich als linksliberal beschreiben – der Staat ist unverzichtbar
(gleiche Startchancen, Existenzabsicherung), Menschen sind ansonsten aber frei,
ihr Leben selbst zu gestalten und dementsprechend auch für sich selbst verantwortlich.
Den sozialdemokratischen Ansatz, wonach wir alle eine große Zwangsgemeinschaft
sind, in der jeder auf alle mögliche Weise für die anderen aufkommt, lehne ich völlig ab. Wir sind zuallererst Individuen, mit je eigenen Werten, Wünschen usw. und jeder soll die Möglichkeit haben, auf eigene Fasson glücklich zu werden. Für andere sind wir dabei nicht zuständig, es sei denn freiwillig. Diese Grundstruktur sollten Staat und Gesellschaft widerspiegeln.
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