28. März 2016

He ain't heavy, he's my brother

Einen ihrer größten Hits hatten die Hollies Ende 1969 mit dem unverändert großartigen Titel: He ain’t heavy, he’s my brother. Der Song war keine Eigenkomposition, sondern kam aus Kalifornien; er resultierte aus der Zufallsbekanntschaft zweier Männer, die sich Anfang desselben Jahres in einem Nachtklub kennengelernt und bei drei anschließenden Treffen den Titel komponiert und getextet haben, dem 32-jährigen Bobby Scott sowie dem über 30 Jahre älteren und zu diesem Zeitpunkt sterbenskranken Bob Russell, der in den 50ern für Filmstudios in Hollywood gearbeitet hatte und für den dies die letzte Arbeit sein sollte.

27. März 2016

Das Wort zu Ostern

In meiner Gegend liegt die päpstliche Nuntiatur und daneben eine Kirche, die Sonntags und an Feiertagen von sehr vielen Polen, oft ziemlich aufgetakelt, besucht wird. Wenn ich bei solch einer Gelegenheit vorbeikomme, denke ich mir: „Diese Trottel“.

25. März 2016

1974

Nachrichten vom Tod bekannter Leute rufen inzwischen Erinnerungen wach. Bei Johan Cruyff denke ich vor allem an die Fußballweltmeisterschaft 1974. Für mich gab es damals nichts Wichtigeres im Leben als Fußball. Das Endspiel haben mein Bruder und ich in Stuttgart bei meiner Großmutter gesehen, von wo wir anschließend in ein Ferienlager fahren sollten. Das Team der „Holländer“, wie wir die Niederlande nannten, erschien wahnsinnig arrogant, aber leider auch nahezu unschlagbar, und ich hatte eine irrsinnige Angst, dass Deutschland verlieren würde. In späteren Jahren fand ich dann vor allem das deutsche Team unangenehm arrogant und war sogar froh, wenn sie verloren.



Wenn ich heute die Fernsehbilder von damals ansehe, finde ich vieles an den 70ern eigentlich ganz sympathisch. Es ist noch ein gewisser Hippieton zu spüren, ein Laissez-faire, das heute so nicht mehr da ist, obwohl wir in puncto Toleranz viel weiter sind. Heute nehmen wir aber auch Toleranz sehr ernst. Irgendetwas ist uns da verloren gegangen.

24. März 2016

Zweckbefreites Töten

Noch eine Bemerkung zu Brüssel. Was erneut auffällt, ist das Nicht-Verhältnis der Ziele der Terrorgruppe zu den Anschlägen selbst. IS hat die Angriffe mit dem üblichen Gerede von den Kreuzrittern begründet, die in ihrem eigenen Land getroffen werden müssten, weil sie ihrerseits Krieg gegen das Kalifat führten. Belgien ist allerdings schon seit dem letzten Sommer gar nicht mehr an der Militärallianz gegen den IS beteiligt.

23. März 2016

Terrorismus und Flüchtlinge

Die Anschläge in Brüssel und ihre Vorgeschichte haben eine ganze Reihe interessanter Aspekte. Einer hat aber besondere politische Sprengkraft weit über Belgien hinaus, denn er hat direkte Implikationen auf die Flüchtlingspolitik. Rekapitulieren wir: einer der Attentäter von Paris im letzten November flieht nach den Anschlägen direkt nach Molenbeek.

21. März 2016

Wer hat schon das Leben, das sie/er verdient?

Auf meinem Weg zur und von der Arbeit nehme ich die U8. Diese U-Bahn-Linie führt (für diejenigen, die Berlin nicht kennen) durch Neukölln, vorbei am Kottbusser Tor, dem östlichen Teil von Mitte über Alexanderplatz weiter nach Wedding, alles, wenn man von einzelnen Punkten absieht, weitgehend Stadtviertel mit wenig Geld und teilweise erheblichen sozialen Problemen. Das wirkt sich auch auf die U-Bahn aus.

19. März 2016

Starkes Russland? Forget it.

Im letzten Herbst greift Russland plötzlich in den syrischen Bürgerkrieg ein. Durch massive Luftangriffe mit mehreren tausend zivilen Opfern gelingt es, das Assad-Regime zu stabilisieren. Ein halbes Jahr später steigt Russland ebenso unerwartet wieder aus.

16. März 2016

Roboter überwinden den Menschen

Gestern konnte ich als Zuhörer an einer Veranstaltung zur Zukunft der Robotik teilnehmen. Zwei Dinge sind mir haften geblieben. Erstens, Roboter kommen mit Macht, und zwar in allen Lebensbereichen von der Krankenpflege über Haushaltsgeräte bis zur Militärtechnologie. Dabei ist interessant, dass diese Maschinen der nahen Zukunft keine tumben Diener sind, die eine bestimmte Aufgabe immer wieder ausführen, so wie das etwa ein klassischer Industrieroboter am Fließband tut, sondern es sind intelligente Systeme, die in einer komplexen und dynamischen Umwelt agieren und eigene Entscheidungen treffen (können).

14. März 2016

Reichstagswahlen 1930



Historische Vergleiche sind zumeist irreführend und ganz besonders dann, wenn sie Bezug auf Nazis nehmen. Gleichwohl schweiften meine Gedanken in Betrachtung der gestrigen Wahlergebnisse ein wenig in die Spätphase der Weimarer Republik. Bei den Reichtagswahlen vom September 1930 hatte die NSDAP ihren großen Durchbruch und erhielt 18,3% der Stimmen. SPD verlor stark, wenn auch nicht so dramatisch wie gestern in Baden-Würtemberg und Sachsen-Anhalt, Zentrum, DVP und DNVP hatten ebenfalls Verluste. Nur die KPD gewann noch leicht hinzu.

12. März 2016

Demokratie: Türkei und Polen machen es vor

In der Türkei beschließt ein Gericht, dass eine der Regierung nicht genehme Zeitung dem Staat unterstellt wird. Die Polizei stürmt das Verlagsgebäude, einen Tag später ist die Zeitung auf Jubelkurs zur Regierungspolitik. Nachdem wenige Tage später das Verfassungsgericht in einem anderen Fall die Freilassung von zwei Journalisten anordnet, droht der Präsident offen mit der Abschaffung des Gerichts.

9. März 2016

Afghanistan, Islam, Frauen



Die New York Times berichtet heute über den Fall einer jungen Afghanin, Farkhunda, die vor einem Jahr von einem Männermob umgebracht wurde, nachdem der Wächter eines islamischen Schreins behauptet hatte, sie hätte einen Koran verbrannt. Sie hatte nichts dergleichen getan. Was sie getan hatte, war, dem besagten Wächter und einem Wahrsager, der sein Geschäft im Schrein betrieb, vorzuwerfen, dass sie den Schrein entehren würden, indem sie dort Amulette, Viagra und Kondome verkaufen würden.

7. März 2016

Sex in den 50ern im Fernsehen: Masters of Sex (Staffel 1)

Sex! Im Fernsehen! Und nicht zu knapp!
Aber wer denkt, dies könne dazu beitragen, die Serie Masters of Sex vor gähnender Langeweile retten, sieht sich böse getäuscht. Irgendwie kommt die Serie nie aus den Puschen. Alles bleibt seltsam starr und leblos. Am Thema, die Forschungen von Masters und Johnson in den 50ern und 60ern zur menschlichen Sexualität, kann es nicht liegen, denn das ist der eine gute Einfall, den die Serie hat.

3. März 2016

Wirtschaft und Politik

Einige Studien (z.B. kürzlich Bertelsmann) prognostizieren Wachstumsverluste in dreistelliger Millardenhöhe, wenn innereuropäische Grenzkontrollen wieder eingeführt würden. Für Prognosen ist es vielleicht noch etwas früh, wenn man sich aber die Entwicklung der letzten Wochen ansieht, stellt sich doch der Eindruck ein, dass in einem Europa kurzfristigen nationalistischen Denkens genau das passieren wird.

2. März 2016

Mein Jahr mit David Hume. Teil 1: Ich habe keine Ahnung

Thomas Hobbes war in den letzten Jahren mein bevorzugter Philosoph. Genug! Spring is coming, und mir steht der Sinn nach Freundlicherem als dem zwar kraftvollen, aber düsteren Weltbild voller Gewalt und Angst, das Hobbes ausbreitet. Gewalt ist bei ihm ja nicht nur das grundlegende Problem schlechthin – die Anarchie des Naturzustandes ist ein Zustand des Schreckens („nasty, brutish, and short“)  – , sie ist auch zugleich die Lösung, nämlich in der Einrichtung eines Souveräns, der kraft seiner monopolisierten Machtfülle, und am Ende bedeutet das ebenfalls Gewalt, das Destruktive des Menschen unterdrückt und so Gesellschaft ermöglicht. Ich greife jetzt zu David Hume und beginne mit der Treatise of Human Nature.