19. März 2016

Starkes Russland? Forget it.

Im letzten Herbst greift Russland plötzlich in den syrischen Bürgerkrieg ein. Durch massive Luftangriffe mit mehreren tausend zivilen Opfern gelingt es, das Assad-Regime zu stabilisieren. Ein halbes Jahr später steigt Russland ebenso unerwartet wieder aus.
Die gängige Kommentierung in den westlichen Medien sieht all dies als Zeichen von Stärke. Russland habe all seine Ziele erreicht. Der Westen hingegen, so die korrespondierende Einschätzung, habe keine Syrienpolitik und könne es nur hinnehmen, dass Putin ihn am Nasenring durch die Manege führe.

Das Gegenteil ist der Fall. Russland ist schwach. Die Wirtschaft ist im freien Fall, außer Energie und Wodka hat das Land nichts anzubieten, in der Bevölkerung rumort es, das System erlaubt keine wirkungsvollen Reformen und Putins einziger Ausweg aus der verfahrenen Lage besteht im Versuch, die Sehnsucht nach einer völlig anachronistischen und reichlich kostspieligen nationalen Glorie zu bedienen. Wie lange sich Assad ohne die Russen halten kann, wird man sehen, Russland wäre aber nicht so plötzlich ausgestiegen, wenn es glaubte, die bisherige Politik würde auch in Zukunft Erfolg haben. Ich vermute, die Sache ist finanziell und vom Ansehen Russlands her schlicht zu teuer geworden.

Das sagt einfach alles
Quelle: http://www.kremlin.ru/eng/text/images/141341.shtml

Warum glauben also so viele das Gegenteil? Weil sie genau wie Putin einem überkommenen Machtverständnis und – teilweise, vor allem in Deutschland, aber auch anderswo in Europa – einer geheimen Faszination für unverhohlene Machtpolitik mit gewaltsamen Mitteln anhängen. Hinzu kommt eine tüchtige Prise Antiamerikanismus. Putin ist ihr Held. Sie sehen, was sie sehen wollen. 

2 Kommentare:

  1. Wirtschaft ist nicht (mehr) im freien Fall, eher auf niedrigem Niveau stabilisiert....allerdings gilt der implizite deal,Wohlstandssteigerung gegen politische Unfreiheit schon seit einiger Zeit ncht mehr, die Außenpolitik lässt sich auch als Reaktion auf die Unfähigkeit hier zu liefern lesen....

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  2. Das ist sicher die bessere Analyse. Manchmal vereinfache ich zu sehr, aber mir ging es ja auch mehr um die Wahrnehmung Russlands im Westen. Da wittere ich einen seltsamen Stärkekult. Anyhow: der erste Kommentar. Vielen Dank!

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