16. März 2016

Roboter überwinden den Menschen

Gestern konnte ich als Zuhörer an einer Veranstaltung zur Zukunft der Robotik teilnehmen. Zwei Dinge sind mir haften geblieben. Erstens, Roboter kommen mit Macht, und zwar in allen Lebensbereichen von der Krankenpflege über Haushaltsgeräte bis zur Militärtechnologie. Dabei ist interessant, dass diese Maschinen der nahen Zukunft keine tumben Diener sind, die eine bestimmte Aufgabe immer wieder ausführen, so wie das etwa ein klassischer Industrieroboter am Fließband tut, sondern es sind intelligente Systeme, die in einer komplexen und dynamischen Umwelt agieren und eigene Entscheidungen treffen (können).
Das Google-Auto ist ein Beispiel. In 10 Jahren werden solche Autos ganz normal sein, Taxi- oder Busunternehmen z.B. werden keine Fahrer mehr brauchen. Anderes Beispiel: Im Bereich der Militärtechnologie werden es immer weniger Menschen sein, die über Ziele entscheiden, sondern intelligente Systeme, die entweder Optionen präsentieren oder gleich die endgültige Zielauswahl treffen und somit natürlich auch über Leben und Tod entscheiden.

Zum zweiten, diese Entwicklung löst bei Menschen tiefes Unbehagen aus. Nahezu alle Anwesenden (sans moi, siehe unten) hielten es für sehr wichtig, dass Menschen in irgendeinem Sinne die Kontrolle behalten, wobei nicht so ganz klar wurde, was das noch bedeuten kann, denn solche Maschinen werden sinnlos, wenn wir eben nicht einen großen Teil der Arbeit an sie delegieren. 

Was steckt hinter diesem Unbehagen? Zum einen – so meine Liebste, mit der ich beim Abendessen darüber sprach – die Angst, dass Maschinen die Kontrolle übernehmen und Menschen unterdrücken könnten. Das ist ein Szenario, welches in der Science Fiction schon öfter thematisiert wurde, und es lohnt sich vielleicht, manche dieser Bücher und Filme nochmal anzusehen, weil sich dort ganz interessante Aspekte zum Thema finden könnten. Ich glaube auch, dass diese Diagnose als Beschreibung unserer latenten Befürchtungen zutrifft. Sobald Maschinen autonom agieren, sobald sie möglicherweise selbständig lernen können, ist der Gedanke nicht fern, dass wir sie nicht mehr kontrollieren können und die Dinger einfach tun, was sie „wollen“. Ob das allerdings für die nächsten 20, 30 Jahre realistisch ist, weiß ich nicht. Weiter kann man sowieso nicht denken.

Meine Vermutung dagegen war, dass das Unbehagen auch ausgelöst wird, weil unser Selbstbild in Frage gestellt wird. In religiöser wie säkularer Form ist zumindest in der westlichen Kultur die Vorstellung tief verankert, dass wir Menschen etwas ganz besonderes sind. Dass ein Auto schneller fährt als ein Mensch läuft,  ist vielleicht noch akzeptabel, immerhin sind uns schon jeher viele Tiere in allen möglichen physischen Aufgaben deutlich überlegen, obwohl wir auch über diese Tatsache meist nicht vertieft nachdenken. Wir Menschen sehen uns aber seit der Antike vor allem als geistige Wesen. Jetzt kommen Maschinen, die uns in Intelligenz, Urteilsfähigkeit, Präzision, Schnelligkeit des Denkens usw. in allen Belangen übertreffen. Je intelligenter, komplexer und selbständiger diese Maschinen sind, desto schwieriger wird es, unsere Eigeneinschätzung als Krone der Schöpfung aufrecht zu erhalten. 

Aber wie berechtigt ist diese Selbsteinschätzung? Es ist ja nicht so, als ob Menschen nicht genügend Fehler, teilweise schreckliche Fehler machten bzw. sogar ganz absichtlich Taten begehen, die ein Roboter von sich aus vermutlich nicht begehen würde (z.B. eine vollbesetzte Flugmaschine absichtlich gegen ein Bergmassiv zu steuern). Wenn uns Roboter überlegen sind, dann sind sie uns eben überlegen, und zwar – ganz wichtig – im Sinne der Kriterien, die wir selbst an Handeln und Entscheidungen im jeweiligen Bereich anlegen. Diese Systeme machen, was wir anstreben, nur viel besser als wir selbst. Und so gesehen wären wir doch blöd, diese Möglichkeiten nicht zu nutzen, nur weil wir menschliche Kontrolle gewahrt sehen wollen. Wenn wir jetzt mal das Szenario einer Revolution der Roboter ausschließen, stellt sich schon die Frage, was an dieser Kontrolle so wichtig ist. Mit anderen Worten, die technische Entwicklung bietet uns die Chance, jetzt auch auf geistigem Gebiet, die menschlichen Begrenztheiten hinter uns zu lassen und zu ganz neuen Ufern aufzubrechen. Möglicherweise kann man irgendwann eine Symbiose zwischen Mensch und Maschine herbeiführen, die eine klare Trennung zwischen uns und „totem Gerät“ gar nicht mehr erlaubt, durch die Implantierung von Chips etwa. Auch hieran wird bereits gearbeitet. Der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll, sagt Nietzsche. In dieses Zeitalter treten wir jetzt ein.

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