Die New York Times berichtet heute über den Fall einer
jungen Afghanin, Farkhunda, die vor einem Jahr von einem Männermob umgebracht wurde,
nachdem der Wächter eines islamischen Schreins behauptet hatte, sie hätte einen
Koran verbrannt. Sie hatte nichts dergleichen getan. Was sie getan hatte, war,
dem besagten Wächter und einem Wahrsager, der sein Geschäft im Schrein betrieb,
vorzuwerfen, dass sie den Schrein entehren würden, indem sie dort Amulette,
Viagra und Kondome verkaufen würden.
Wie die spätere Untersuchung bestätigt
hat, waren diese Vorwürfe zutreffend. Der Schreinwächter ist daraufhin mit
einigen verkohlten Papieren auf die Straße gelaufen, beschuldigte Farkhunda der
Koranverbrennung und kurze Zeit später war eine Horde von Männern zur Stelle,
um Farkhunda zu töten. Hunderte sahen zu, viele haben das Geschehen gefilmt.
Einige der Beteiligten wurden angeklagt und zum Tode
verurteilt. Diese Urteile wurden von einem höheren Gericht alle in Haftstrafen
umgewandelt. Viele weitere wurden, obwohl auf den Aufnahmen klar erkennbar,
nicht einmal angeklagt.
Zwei Bemerkungen dazu:
1. Dieser Fall zeigt sehr klar, dass es nicht wirklich um
den Islam ging. Farkhunda war die wirklich Religiöse. Es reicht aber, dass ein
Mann eine Frau beschuldigt und ein Mob zufällig anwesender weiterer Männer bringt
diese Frau dann um. Das hat nichts mit Glauben zu tun, dafür sehr viel mit Hass
auf Frauen und mit Machtverhältnissen. Der Glaube wird nur instrumentalisiert,
um diesen Hass und diese Machtverhältnisse auszuleben.
2. Das ist in Afghanistan passiert, einem Land, in dem der
Westen seit dem Sturz der Taliban, also seit bald 15 Jahren auf allen Feldern,
von der Sicherheit über Wirtschaft bis zum Aufbau von Institutionen, massive
Hilfe leistet. Man gewinnt den Eindruck, dass all diese Milliarden und all
dieses Engagement im Grunde vergeudet sind. Die Verhältnisse in Afghanistan
sind einfach stärker
Daraus kann man den Schluss ziehen, dass der Westen sich auf
solche Projekte wie Afghanistan gar nicht erst einlassen sollte. Wir sind damit
überfordert. Auf der anderen Seite lässt man dann natürlich die Opfer solch archaischer
Verhältnisse, das sind fast immer die Frauen, erst recht im Stich. Das kann m.E.
auch keine Alternative sein. Es bleibt nichts anderes übrig, als sich weiter zu
engagieren und zu hoffen, dass die Verhältnisse nach und nach besser werden.
Dass der Tod von Farkhunda und dessen rechtliche Bearbeitung in weiten Teilen
der afghanischen Gesellschaft offene Empörung auslöst, ist nicht viel, aber
immerhin etwas.
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