9. März 2016

Afghanistan, Islam, Frauen



Die New York Times berichtet heute über den Fall einer jungen Afghanin, Farkhunda, die vor einem Jahr von einem Männermob umgebracht wurde, nachdem der Wächter eines islamischen Schreins behauptet hatte, sie hätte einen Koran verbrannt. Sie hatte nichts dergleichen getan. Was sie getan hatte, war, dem besagten Wächter und einem Wahrsager, der sein Geschäft im Schrein betrieb, vorzuwerfen, dass sie den Schrein entehren würden, indem sie dort Amulette, Viagra und Kondome verkaufen würden.
Wie die spätere Untersuchung bestätigt hat, waren diese Vorwürfe zutreffend. Der Schreinwächter ist daraufhin mit einigen verkohlten Papieren auf die Straße gelaufen, beschuldigte Farkhunda der Koranverbrennung und kurze Zeit später war eine Horde von Männern zur Stelle, um Farkhunda zu töten. Hunderte sahen zu, viele haben das Geschehen gefilmt.

Einige der Beteiligten wurden angeklagt und zum Tode verurteilt. Diese Urteile wurden von einem höheren Gericht alle in Haftstrafen umgewandelt. Viele weitere wurden, obwohl auf den Aufnahmen klar erkennbar, nicht einmal angeklagt.

Zwei Bemerkungen dazu:

1. Dieser Fall zeigt sehr klar, dass es nicht wirklich um den Islam ging. Farkhunda war die wirklich Religiöse. Es reicht aber, dass ein Mann eine Frau beschuldigt und ein Mob zufällig anwesender weiterer Männer bringt diese Frau dann um. Das hat nichts mit Glauben zu tun, dafür sehr viel mit Hass auf Frauen und mit Machtverhältnissen. Der Glaube wird nur instrumentalisiert, um diesen Hass und diese Machtverhältnisse auszuleben.

2. Das ist in Afghanistan passiert, einem Land, in dem der Westen seit dem Sturz der Taliban, also seit bald 15 Jahren auf allen Feldern, von der Sicherheit über Wirtschaft bis zum Aufbau von Institutionen, massive Hilfe leistet. Man gewinnt den Eindruck, dass all diese Milliarden und all dieses Engagement im Grunde vergeudet sind. Die Verhältnisse in Afghanistan sind einfach stärker

Daraus kann man den Schluss ziehen, dass der Westen sich auf solche Projekte wie Afghanistan gar nicht erst einlassen sollte. Wir sind damit überfordert. Auf der anderen Seite lässt man dann natürlich die Opfer solch archaischer Verhältnisse, das sind fast immer die Frauen, erst recht im Stich. Das kann m.E. auch keine Alternative sein. Es bleibt nichts anderes übrig, als sich weiter zu engagieren und zu hoffen, dass die Verhältnisse nach und nach besser werden. Dass der Tod von Farkhunda und dessen rechtliche Bearbeitung in weiten Teilen der afghanischen Gesellschaft offene Empörung auslöst, ist nicht viel, aber immerhin etwas.

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