1. Juni 2016

Kampf um Fallujah

Von der deutschen Öffentlichkeit vergleichsweise wenig zur Kenntnis genommen wird der Krieg gegen den IS. Im Irak geht es seit einer Woche um die Eroberung der Stadt Fallujah, die durch einen Ring irakischer Streitkräfte unterschiedlicher Couleur von der Außenwelt abgeschnitten ist. Die Stadt hat neben der rein militärischen, auch eine große symbolische Bedeutung. Fallujah liegt im Herzen des sunnitischen Dreiecks, war 2004 während des Aufstandes gegen die US-Besatzung unter starker Beteiligung der Vorläuferorganisation des IS besonders hart umkämpft und ist bereits seit Anfang 2014, also noch weit vor dem spektakulären Siegeszug im Juni 2014, unter alleiniger Kontrolle des IS. Wenn der IS Fallujah verliert, was irgendwann passieren wird, dürfte das Projekt des Kalifats auch in der Wahrnehmung der Jihadisten schweren Schaden nehmen.
Wie spätestens seit dem gestrigen Gegenangriff des IS klar wird, zeichnet sich dementsprechend ein langer, intensiver Kampf ab, in dem jedes Haus, jede Straße, jeder Block einzeln eingenommen werden muss. Der IS ist zahlenmäßig weit unterlegen, will aber, wie es bisher scheint, um jeden Meter dieser symbolträchtigen Stadt kämpfen. Die Stadt ist von Gräben und Tunneln durchzogen, es sind überall Sprengfallen aufgebaut und Scharfschützen postiert worden. Die Iraker, meist schiitische Milizen, die gerne Sunniten per se als Terroristen sehen und in der Vergangenheit schon häufiger regelrechte Massaker an sunnitischen Zivilisten begangen haben, beschießen die Stadt mit Artillerie, die USA unterstützen durch Luftangriffe.

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Das Terrain. Diese Aufnahme ist von 2004 (Quelle Wikimedia Commons)

Mittendrin die Zivilbevölkerung, noch etwa 50.000 Menschen, darunter nach Schätzungen der UN 20.000 Kinder. Der IS erlaubt der Bevölkerung nicht die Flucht, sondern versucht im Gegenteil, die Bewohner im Stadtzentrum zusammenzutreiben, damit diese dort als lebendige Schutzschilde dienen. Männer und Kinder sollen zum Kampf für den IS gepresst werden, bei Weigerung wird exekutiert. Lebensmittel und Medikamente kommen nicht mehr in die Stadt, und es gibt schon länger Berichte über Hungertote. Auch die Versorgung mit sauberem Trinkwasser ist offenbar zusammengebrochen, so dass die UN zusätzlich eine Choleraepidemie befürchten.

Man kann nur hoffen, dass der Kampf schnell entschieden wird, teilweise sind in den letzten Monaten Auflösungserscheinungen beim IS deutlich geworden. Im Moment sieht es allerdings anders aus.


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