22. April 2016

Krieg mit Russland - was müssen wir tun?



Russland hat wirtschaftlich und gesellschaftlich große Probleme, militärisch aber ist es stark, und es ist bereit, diese Stärke einzusetzen. Für die NATO bedeutet das, dass es mit der Friedensdividende nach dem Ende des Ostblocks vorbei ist. Wir müssen uns darauf einstellen, einen Konflikt mit Russland zu führen, vor allem natürlich, um ihn eigentlich zu verhindern. Das betrifft insbesondere das Baltikum.
Aufgrund der für die NATO wenig günstigen Geografie sowie der derzeitigen tatsächlichen militärischen Kräfteverhältnisse in Osteuropa, gehen Schätzungen davon aus, dass die NATO einen russischen Angriff auf ihre baltischen Mitglieder mit konventionellen Mitteln derzeit nicht nennenswert aufhalten könnte. Russland würde binnen weniger Tage, möglicherweise Stunden die baltischen Republiken überrennen und Tatsachen schaffen. Die große Frage dann ist, greift man jetzt auf die nukleare Abschreckung zurück? Die Risiken wären so groß, dass ich es mir eigentlich nicht vorstellen kann. Ob die NATO als funktionierende Organisation eine Preisgabe von Mitgliedsstaaten allerdings überleben würde, ist andererseits wenig wahrscheinlich. Und auch die Konsequenzen eines Auseinanderbrechens des Bündnisses wären so immens, dass man darüber lieber nicht nachdenken möchte.

Man kann Vorsorge treffen. Das hieße a) Moskau die klare Absicht zu kommunizieren, dass ein Angriff auf die Balten den Bündnisfall auslösen würde, und b) dies durch die Bereitstellung entsprechender konventioneller militärischer Fähigkeiten für den Ernstfall auch demonstrieren. Im Moment haben wir diese Fähigkeiten nicht, um die Balten zu verteidigen. Sowohl politisch wie militärisch können das aber nicht nur die USA alleine leisten, die ganze NATO ist betroffen und muß zusammenstehen. Problem könnte sein, dass weder Politik noch Öffentlichkeit in manchen Mitgliedsstaaten hierauf vorbereitet sind. Protest wäre also wahrscheinlich. Der emotionale Hintergrund hierfür umfasst vermutlich ganz unterschiedliche Aspekte, alte, die in die 80er Jahre zurückgehen und neue, die erst in letzter Zeit aufgetreten sind, z.B.:
-          Lieber einem Konflikt mit Russland aus dem Wege gehen, dann kann uns nichts passieren
-          Die Balten gehören eigentlich Russland, die NATO hat dort nichts verloren
-          Putin-Sympathie
-          Antiamerikanismus
-          Aufrüstung verhindert nicht Krieg, sondern macht ihn wahrscheinlicher
-          Können wir unser Geld nicht besser (Flüchtlinge, Infrastruktur usw.) ausgeben?
-          Pazifismus

Wie stark die NATO wirklich ist, hängt neben rein militärischen Fähigkeiten und dem politischen Willen der Regierungen in den Mitgliedstaaten nicht zuletzt auch von der öffentlichen Meinung ab. Ich glaube, es gibt Grund, hier etwas pessimistisch zu sein. Wichtig wäre es, sachlich und unaufgeregt die Situation zu vermitteln bzw. anzusprechen, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Dies ist in erster Linie Aufgabe der Bundesregierung, daneben aber auch von Parteien und Medien. Angesichts der Entwicklung der Lage sind wir noch zu sehr im Dornröschenschlaf.

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