19. Mai 2016

Umfrage unter britischen Muslimen

Eine Umfrage unter britischen Muslimen, deren Ergebnisse vor einem Monat veröffentlicht wurden, hat in Teilen Unerfreuliches zu Tage gebracht. Einige Beispiele:
Nur 18% waren der Meinung, dass Homosexualität legal sein sollte. 52% wollten, dass Homosexualität verboten wird (ich weiss nicht, welche Möglichkeit zwischen legal und illegal der Rest befürwortet).
90% möchten, dass die Verunglimpfung des Propheten verboten wird.
39% glauben, dass Frauen immer ihrem Mann gehorchen sollten.
23% möchten, dass nicht britische Gesetze, sondern die Scharia gelten soll.

Nur 34% würden eine ihnen nahestehende Person, die in Terrorismus verwickelt ist, der Polizei melden.

Die letzte Zahl zeigt allerdings auch die Gefahren einseitiger Interpretation. Denn bei einer Kontrollumfrage der allgemeinen Bevölkerung war der Wert sogar noch niedriger, dort liegt er bei gerade 30%. Insgesamt hat die Umfrage allerdings gezeigt, dass Muslime in Fragen der Religion, der Sexualität und der Geschlechterrollen wesentlich konservativer eingestellt sind als die Gesamtbevölkerung.

Drei Bemerkungen:
1) Es bringt nichts, solche Ergebnisse zu leugnen oder kleinzureden. Wenn es Probleme mit einer bestimmten Bevölkerungsgruppe gibt, muss das natürlich offen diskutiert werden. Und das wurde es auch, denn von der BBC über die Times, den Guardian bis hin zu wichtigen Bloggern ist die Umfrage breit und ausführlich besprochen worden. N.B.: Problematische Bevölkerungsgruppen sind nicht automatisch muslimisch. In bestimmten Teilen Deutschlands gibt es z.B. eine offenkundige Affinität zum Rechtsradikalismus.

2) Der Autor Kenan Malik, der sich seit vielen Jahren intensiv mit diesen Fragen auseinandersetzt,  macht auf einen wichtigen Punkt aufmerksam. Diese Ergebnisse sind nicht Ausfluss eines zeitlosen Islam, sondern eine neue Entwicklung. Die Vorgängergenerationen britischer Muslime waren sehr viel säkularer eingestellt. Die Frage ist also: Warum entwickelt sich die muslimische Bevölkerung in Großbritannien weg von ihren Eltern/Großeltern und in gegenläufiger Richtung zur restlichen Gesellschaft? Es wäre interessant zu wissen, ob dies auch in Frankreich oder Deutschland passiert.

3) Aus liberaler und säkularer, kurz der Aufklärung verpflichteten Perspektive ist klar, dass es bei bestimmten Grundfragen wie Demokratie, Pluralismus, freie Meinungsäußerung, gleiche Rechte unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung usw. keine Kompromisse geben kann. Diese Werte müssen dezidiert in Schule, Politik und Gesellschaft vertreten und durchgesetzt werden, aber nicht nur gegenüber Muslimen, sondern bei allen, d.h. auch antiislamisch eingestellten Rechtspopulisten, die diese Werte ja ihrerseits angreifen (siehe Ungarn, Polen, Teile von AfD und Pegida). Inhaltlich sind konservative Muslime und Rechtspopulisten oft viel näher aneinander als zum liberalen Teil der Gesellschaft, siehe z.B. der Wunsch nach klassischen Geschlechterrollen oder der abwehrende Umgang mit Homosexualität im Grundsatzprogramm der AfD. Die Aufklärung kommt derzeit also von zwei Seiten unter Beschuss, von rückwärtsgewandten Moslems und von ebenfalls rückwärtsgewandten Rechtspopulisten. Und beides muss entschlossen abgewehrt werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen