In Berlin gibt es jetzt eine App des Ordnungsamtes, mit der
man Ordnungswidrigkeiten von Nacktjoggen (ich wußte nicht, dass das ein Problem ist; ich habe in meinem Leben noch
keinen Nacktjogger gesehen) bis Falschparker melden kann. Zeitungen und
Leserbriefe sprechen, wie nicht anders zu erwarten, von der „Petz-App“ und der
Aufforderung zu Denunziantentum. Es werden Vergleiche zur DDR gezogen.
Hmm, okay. Ganz so einfach finde ich es nicht. Ein Beispiel,
wie zigtausende in Berlin bin ich viel mit dem Fahrrad unterwegs. Ideal für
alle ist es, wenn auf der Straße eine Spur für Fahrräder vorgesehen ist,
Fahrradfahrer sind gut sichtbar, werden aber vom Autoverkehr getrennt. Schön
wär’s. Viele Autofahrer nutzen diese Fahrradstreifen gerne als praktische Parkmöglichkeit.
Ergebnis, Fahrradfahrer müssen in den fließenden Verkehr ausweichen, was oft
ziemlich gefährlich ist, oder einfach komplett stoppen.
Hier fände ich ein
wenig mehr Rücksicht, und wenn das zuviel verlangt ist, etwas mehr
Verfolgungsdruck eigentlich ganz schön. Illegale Müllentsorgung ist in Berlin
auch so ein Problem. Immer wieder finden sich alte Fernseher, Sofas oder andere
Dinge plötzlich mitten auf dem Gehweg. Hundescheiße ist das nächste. Viele Hundebesitzer haben inzwischen Tüten dabei, es gibt aber auch noch viele
andere, die das nicht weiter interessiert. Öffentliches Urinieren – jetzt von
Menschen – kenne ich aus keiner anderen Stadt, nur in Berlin kann man das immer
wieder beobachten. Sagt man bei solchen Gelegenheiten etwas, und sei es noch so
freundlich, wird man in der Regel wüst beschimpft, z.B. als Nazi oder
Arschloch.In Berlin ganz normal. Foto von stadtradler-berlin.de (leicht bearbeitet) |
Bei solchen Dingen ist für mich das Problem die ursprüngliche
Handlung und nicht das Dagegen-Wehren. Ich finde auch nicht, dass es Denunziantentum ist, wenn
man irgendwann den Glauben an die Einsichtsfähigkeit und Bereitschaft zur Rücksichtnahme
verliert, sondern ein Vergehen einfach meldet. Niemand wird schließlich gezwungen,
auf dem Fahrradstreifen zu parken oder an Hauswände zu pissen. Außerdem erlaubt
die App auch die Meldung von Dingen ganz ohne Anschwärzen, wie defekte Ampeln
oder Schlaglöchern.
Zwei Dinge missfallen auch mir. Einmal erlaubt es die
App, Vergehen anonym zu melden. Ich finde, dass sich Bürger offen begegnen
sollten, und dazu gehört auch, dass man eine Ordnungswidrigkeit mit Namen und
Erreichbarkeit meldet. Und zum zweiten hätte ich die App auf Ordnungswidrigkeiten
bzw. Probleme beschränkt, die gravierend sind. Warum Spätis gemeldet
werden müssen, wenn sie mal eine halbe Stunde länger auf sind oder diese
angeblichen Nacktjogger, entzieht sich auch meinem Verständnis.
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