21. Juli 2016

Unser Krieg mit dem IS - letzter Stand

Beginnen wir mit den guten Nachrichten. Nach dem überraschend schnellen Fall von Fallujah vor einigen Wochen und weiteren militärischen Erfolgen gegen den IS, bereiten sich der Irak und die Anti-IS-Koalition auf den Angriff auf Mosul vor. Die irakische Führung spricht bereits davon, Mosul nicht erst Ende des Jahres, wie bisher gedacht, sondern bereits im Herbst einzunehmen. Auch der IS, der in Mosul wahrscheinlich über ca. 10.000 Kämpfer verfügt,  bereitet sich auf den Angriff vor und versucht, einerseits Freiwillige in ansässigen Bevölkerung zu gewinnen sowie gleichzeitig jede Art von Opposition mittels Exekutionen zu unterdrücken

Fallujah hatte bereits Symbolkraft, weil es seit dem Einmarsch der USA im Irak 2003 eine der Bastionen des IS bzw. seiner Vorläuferorganisationen war; Mosul hat es erst recht, denn hier wurde im Juni 2014 das Kalifat verkündet. Wenn die Millionenstadt Mosul fällt, ist endgültig klar, dass das Kalifat nicht mehr lange existieren wird, auch wenn die Bedingungen in Syrien für den weiteren Kampf sicherlich komplizierter sind als im Irak. Ähnlich wie in Fallujah, ist es gut möglich, dass der IS gar keinen großen Endkampf inszeniert, sondern lieber seine Kräfte schont, die Kämpfer untertauchen lässt und sich auf die Zeit nach dem Kalifat vorbereitet.

Denn – und damit kommen wir zu den weniger erfreulichen Entwicklungen – das Ende des Kalifats ist ganz sicher noch nicht das Ende des IS.
Der IS (damals noch als Al-Qaida-Organisation unter dem Namen Islamischer Staat im Irak) ist schon einmal niedergerungen worden, er hat trotzdem überlebt. Mehr noch als damals kann er sich heute eines großen und ganz unterschiedlichen Reservoirs an Kämpfern bedienen. Auf der einen Seite kann der IS, wie bei dem grauenhaften Anschlag in Bagdad mit über 250 Toten, einzelne Attentäter mit einem direkten Auftrag zu einem bestimmten Zeitpunkt an einen bestimmten Ort schicken. Diese Art von Anschlägen ist aber vermutlich auf den Raum Syrien/Irak begrenzt. Er kann Teams entsenden, die Zellen bilden, von einem Anführer koordiniert werden und per Auftragstaktik selbständig entscheiden, wann und wo sie genau losschlagen, so in Paris und Brüssel. Und er kann auf dem Wege der Propaganda irgendwelche Leute animieren, die nie in Syrien oder dem Irak waren, sich für den IS zu opfern und dabei möglichst viele Menschen mit in den Tod zu reißen. So in San Bernadino, Nizza und Würzburg. Der IS fordert solche Anschläge, er verbreitet Tag für Tag die entsprechende Propaganda und er vermarktet sie anschließend medial. Die Täter waren zwar zuvor nicht in IS-Strukturen eingebunden, aber das ist auch egal, sie folgen nämlich den ständigen Aufforderungen des IS, genau solche Anschläge zu begehen, also muss man diese Angriffe auch dem IS zurechnen. 

Während man noch eine ungefähre Vorstellung von den europäischen IS-Kämpfern in Syrien/Irak hat – es sind wahrscheinlich ca. 4.000, viele davon den Sicherheitsbehörden bekannt – ist die Gruppe derer, die sich vor ihrem Computer radikalisieren, naturgemäß ziemlich unklar. Schlimmer noch, in den allermeisten Fällen findet man erst raus, dass sie auf Seiten des IS stehen, wenn es bereits zu spät ist, mit anderen Worten bei Begehung der Tat. 

Wir sind, man muss es leider so hart sagen, im Krieg mit dem IS und damit auch der IS mit uns. Folglich versucht er uns zu treffen, so oft und so hart er kann, es wird bis auf weiteres also zu neuen Anschlägen in Europa kommen, sowohl durch den „Typ Nizza“ wie auch durch Zellen europäischer IS-Kämpfer. Und es steht sehr zu befürchten, dass manche dieser Anschläge viele Tote und Schwerverletzte fordern werden. Unsere Gesellschaften müssen sich darauf einstellen und Vorsorge treffen, so gut wir dies vermögen. Mehr zu diesem Thema in einem späteren Post.

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