17. Juli 2016

Kriterien für einen erfolgreichen Putsch

Meine Liebste und ich haben – wie Millionen anderer – den Putschversuch in der Türkei live auf Twitter verfolgt. Und bereits während der ersten 2 Stunden wurde klar, dass aus Sicht der Putschisten so einiges schiefläuft. Nun ist der Erfolgsdruck bei einem Putsch ziemlich hoch, sonst hat man nämlich Trauer. Das Interesse, sich gut vorzubereiten und dann das Ganze professionell durchzuziehen ist also groß. Wenn man sich zu einem Putsch entschließt, sollte man deshalb auf folgende Kriterien achten[i]:

-       Herstellung einer Übermacht an bewaffneter Gewalt: Die Putschisten sind ziemlich schnell mit Gegenwehr konfrontiert worden. Ganz offensichtlich gab es genügend Teile in Militär und Sicherheitskräften, die nicht bereit waren mitzumachen und sich den Putschisten sogar entgegengestellt haben. Schlecht!
Bereits im Vorfeld muss klar sein, dass man auf mehr Gewehrläufe zählen kann als die Regierung. Das erfordert sorgfältige Vorbereitung und Absprachen. Noch besser, wenn man daneben auch politische Unterstützung von bestimmten Parteien, Gewerkschaften usw. bereits gesichert hat.

-       Ausschaltung von Regierung und Präsident: Bevor noch irgendjemand weiß, dass überhaupt ein Putsch im Gange ist, müssen die Schlüsselspieler der Gegenseite neutralisiert werden. Damit muss ein Putsch also beginnen. In erster Linie sind es diejenigen, die man absetzen möchte, also Regierung und Staatspräsident, daneben möglicherweise auch Spitzen bestimmter Schlüsselbehörden, Truppenteile usw. Hier bieten sich Kommandoaktionen an, bei denen die Gegenspieler verhaftet oder getötet werden.

-       Besetzung der Massenmedien: Radio und Fernsehen müssen sofort unter Kontrolle gebracht werden, so dass man dem Gegner die Möglichkeit nimmt, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Stattdessen muss sofort die eigene Kommunikation an die Bevölkerung und die Weltöffentlichkeit einsetzen, mit dem Ziel diese zu beruhigen. Hierzu braucht man vorbereitete Botschaften. Noch besser, wenn auch Telefonnetz und Internet vorübergehend ausgeschaltet werden können.

-       Bereitschaft zur Gewalt: Man muss mit Hindernissen rechnen, z.B. dass die Anhänger der Gegenseite mobilisiert werden. Wenn man dann nicht bereit ist sich durchzusetzen, d.h. Gewalt anzuwenden, kann man keinen Erfolg haben.

-       Schnelligkeit: Time is of the essence. Je schneller und entschlossener man agiert, desto größer Überraschung und Konfusion auf der Gegenseite und desto mehr diktiert man das Geschehen. Je länger sich der Putsch hinzieht, desto gefährlicher wird es. Idealerweise sollte ein Putsch nicht länger als sechs Stunden dauern.

-       Politische Planung: Es ist wichtig zu wissen, wie es danach weiter gehen soll. Man braucht also einen klaren Fahrplan, mit dem man sofort an die Öffentlichkeit treten sollte. Des Weiteren braucht man Führungspersonal für die Übergangsphase. Beides muss bereits während der Vorbereitung geklärt werden.

Zumindest die ersten vier Kriterien eines erfolgreichen Putsches sind in der Türkei nicht erfüllt worden. Dadurch ging dann auch die Schnelligkeit verloren. Zur Frage, ob man auf die Zeit nach dem Putsch vorbereitet ist, ist es folglich gar nicht mehr gekommen. Fazit: Dilettantisch vorbereitet und schlecht exekutiert. Das konnte nichts werden.



[i] Damit es keine Missverständnisse gibt: Ich verurteile den Putsch gegen eine demokratisch gewählte Regierung ohne Wenn und Aber. 

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