9. Oktober 2016

Demokratie braucht Bürger

Brexit im Juni, nun die Ablehnung des Friedensabkommens zwischen Regierung und FARC in Kolumbien. Beide Entscheidungen getroffen durch die Wähler – oder besser gesagt durch diejenigen, die sich die Mühe gemacht haben, abzustimmen, denn der überwiegende Teil der Wählerschaft hatte in beiden Fällen trotz der Bedeutung der jeweiligen Entscheidung lieber etwas anderes vor.

Anderes Beispiel: Trump. Man muss über den Mann nichts weiter sagen, wohl aber über seine Unterstützer. Ca. 42% der Bevölkerung wünschen sich Trump als Präsident. Was immer er sich leistet, es macht diesen Menschen nichts aus. Mir scheint, das sind 42%, die bestimmt mal gerne auf die Kacke hauen, aber sich im Grunde nicht wirklich für die Anforderungen des Amtes und die Qualifikationen des Kandidaten interessieren.

Man stellt sich (direkte) Demokratie gerne als etwas Schönes vor, aber die Realität sieht oft ziemlich häßlich aus und das liegt an den Bürgern, nicht den Politikern. Ein pluralistisches Meinungsbild ist normal und gesund. Viele Menschen aber sind schlichtweg nicht bereit, sich die Mühe zu machen, Bürger in einer Demokratie zu sein. Wenn sie etwas nicht wissen oder verstehen, sind die Politiker schuld, die es ihnen hätten sagen sollen. Allerdings verfolgen sie nicht wirklich den politischen Diskurs und setzen sich nicht mit den dort vorgetragenen Argumenten auseinander. Sie möchten einfach, dass alles funktioniert und sie sonst nicht weiter gestört werden. Auf den Gedanken, sich ernsthaft mit den Anliegen ihres Gemeinwesens zu befassen bzw. dass sie selbst eine Verantwortung tragen, kommen nur die wenigsten. Das mag oft lange gut gehen, ist aber im Grunde ein verdammt fragiler Zustand. Sobald die Zeiten bewegter und emotionaler werden, werden diese Menschen und damit die Demokratie selbst zu einem Risiko oder sogar einer Gefahr. Genau das ist für mich eine Lehre aus den letzten 2-3 Jahren: Unsere Verhältnisse sind sehr viel weniger stabil als wir gedacht haben. 

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