2. Januar 2017

Die Normalität des Terrors

Zum Anschlag in Istanbul war heute in der New York Times folgendes Zitat eines Bürgers von Istanbul zu lesen:
I don’t want to say anything political, but this can’t be accepted as the new norm. Terrorism is everywhere now, and the government has no control. Something needs to be done. There is no life left in Istanbul.

Diese Worte bringen unsere Situation genau auf den Punkt.
Erstens, der Terror wird nach und nach Teil unserer Normalität. In der Türkei, wo die Anschläge inzwischen im Wochentakt stattfinden, ganz besonders, aber auch in Frankreich, USA und Deutschland. Zweitens, wir finden kein wirksames Rezept, Terrorismus zu stoppen. Wie auch, Anschläge sind so verdammt einfach durchzuführen. Man nehme eine Waffe oder ein Fahrzeug und fertig. Natürlich kann man Weihnachtsmärkte oder größere Sportveranstaltungen besser schützen als bisher, aber was nutzt das? Die Täter weichen ins Kino, ins Restaurant oder auf eine belebte Einkaufsstraße aus. Um Terror zu erzeugen, reicht es völlig aus, ein Messer zu ziehen und den nächstbesten Passanten zu enthaupten. Drittens, der Terror hat das Potenzial unser Leben nachhaltig zu verändern. Dass wir weiter machen sollen wie bisher, weil sonst (angeblich) die Terroristen siegten, lässt sich einfach sagen. Es ist etwas ganz anderes, irgendwohin zu gehen, wenn man glaubt, man selbst oder Menschen, die einem lieb sind, könnten dort getötet oder verstümmelt werden. Der Terrorismus hat es deshalb tatsächlich in der Hand, zumindest in Zentren wie Istanbul oder Berlin, das öffentliche Leben grundlegend zu verändern, und wir können im Grunde nichts dagegen tun. Und zuletzt, dieser Zustand ist nicht akzeptabel. Die Leute wollen Sicherheit, und sie verlangen vom Staat, dass dieser seiner Kernaufgabe nachkommt und endlich Sicherheit herstellt, um ein normales Leben zu führen. Der Satz, dass es keinen absoluten Schutz gebe, klingt mit jedem Anschlag ein wenig mehr danach, dass der Staat im Grunde auch bereits resigniert. Das aber ist – natürlich – schlichtweg nicht akzeptabel. Der Druck, Lösungen zu finden, auch radikale, wird somit immer größer. Ob diese Lösungen dann wirklich geeignet sind, ist eine ganz andere Frage.
Achtung: Lebensgefahr (Quelle Wikimedia Commons)

Erfolgreiche Terrorbekämpfung muss an ganz vielen Stellen ansetzen und einen sehr langen Atem beweisen. Und sie muss deutlich evidenzbasierter werden. Politiker sämtlicher Couleur reagieren viel zu oft gemäß ihren parteipolitischen Automatismen, statt offen nach wirksamen Lösungen zu suchen. Blindwütiges Um-sich-Schlagen ist genauso wenig hilfreich wie fixe Schuldzuweisungen oder prinzipielle Ablehnung neuer Werkzeuge. Wir können aber noch so viel richtig machen, Resignation und Ratlosigkeit werden trotzdem bleiben. Solange der IS Anschläge begehen will, kann und wird er es auch tun. Unser Leben wird sich folglich weiter verändern. Auf diese Entwicklung haben wir wenig Einfluss. 

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